Wilfried Eike und das Blackmar-Diemer-Gambit

Die folgende Partie eröffnete Wilfried mit einer seiner Hauptwaffen: dem Blackmar-Diemer-Gambit. Dies ist eine gefürchtete Eröffnung bei allen Schachspielern - den Gegnern und den eignen Mannschaftskollegen Lächelnd. Dazu gibt es eine kleine Geschichte:

Zu der Zeit, zu der Wilfried mit den weißen Steinen immer mit dem Blackmar-Diemer-Gambit eröffnete, musste die Mannschaft nicht exakt so aufgestellt werden, wie sie gemeldet wurde. Man konnte damals mit seinem Nachbarn die Bretter tauschen. War man zum Beispiel an Brett 5 gemeldet, konnte man mit Brett 4 oder Brett 6 tauschen. Warum dies so war ... das weiß ich nicht. Aber der Barsinghäuser Mannschaftsführer kam auf die Idee, die Bretter immer so zu tauschen, dass Wilfried mit Schwarz spielte und nicht mehr Blackmar-Diemer-Gambit spielen konnte. Aber ein echter Gambitspieler lässt sich nicht stoppen! Mit Schwarz spielte Wilfried dann das Böhnke-Gambt: 1.e4 d5 2.exd5 e5! Kurze Zeit später wurde der Brettertausch wieder unterlassen.

Das Blackmar-Diemer-Gambit beschäftigte Wilfried sehr... so sehr, dass er den deutschen Erfinder des Gambits Emil Joseph Diemer zu einem Vortrag zu den Schachfreunden Barsinghausen einlud. Diemer übernachtete bei Wilfried und bei einem Frühstück durfte ich dabei sein und mir die Grundlagen der Numerologie erklären lassen.

Nun aber zu der Partie, die 1989 in einem Mannschaftskampf zwischen SC Stadthagen 4 und SF Barsinghausen 3 gespielt wurde. Kurz zuvor ist Wilfried zum 1. Vorsitzenden gewählt worden. Seine neuen Impulse führten dazu, dass wieder eine dritte Mannschaft gemeldet werden konnte. Diese Mannschaft war eine Art Patenschafts-Mannschaft, bei der erfahrene Spieler mit Jugendlichen in einer Mannschaft zusammen gebracht wurden. Die Partie wurde von Wilfried selber kommentiert und in der Barsinghäuser Schachzeitung PATT(ZER) veröffentlich. Die Herausgeber dieser Zeitung waren übrigens ... Wilfried und Detlef Eike.

W.Eike - S.Leppert, 1989

1. d4 d5 2. e4 dxe4 3. Sc3 Lf5 4. f3 Sf6

Nun ist die Wiener-Verteidigung des Blackmar-Diemer-Gambits entstanden. Allerdings glaube ich kaum, das Schwarz sich hier auskennt.

5. fxe4 Sxe4

Daneben geht auch 5...Lxe4 6.Sxe4 Sxe4 7.Ld3 Sf6 8.Sf3 usw. (Schmidt-Linnmann 1985/86).

6. Df3 Sxc3

Hier scheint 6...Sd6 besser zu sein: 7.Lf4 e6 8.0-0-0 c6 9.g4 Lg6 10.De3 usw. (Reiss-Kessler 1986)

7. bxc3 Lc8?

Dieser Zug ist ein Fehler. Schwarz kann entweder 7...Dc8 8.Lc4 e6 9.Sh3 Ld6 spielen oder 7...Ld7 8.Dxb7 (riskant) Sc6! (Hergert-Braun 1984)

8. Lc4 e6 9. Se2

Vielleicht sollte man diesen Springer besser nach h3 entwickeln mit der Idee, ihn nach g5 zu spielen.

9 ... Le7 10. 0-0 0-0

Die Eröffnung zeigt Weiß als Sieger. Für den Bauern ist er besser entwickelt und hat eine Angriffsstellung auf die schwarze Königsstellung.

11. Ld3 Sd7

Schwarz holt Verteidigungskräfte heran.

12. De4 g6

Auf 12...Sf6 folgt 13.Txf6 g6 14.Tf1 und Weiß hat eine Mehrfigur.

13. Lh6 Sf6 14. Df3 Te8 15. Lg5 Kg7 16.Sg3 Tf8

Weiß hat seine Kräfte vor dem König aufmarschieren lassen. Nun darf er nicht zimperlich sein.

17. Lxf6 Lxf6


18. Sh5!!? ...

Der wohl wichtigste Zug in der Partie. Ohne ihn würde der weiße Angriff im Sande verlaufen. (W.Eike)

Wow, was für ein Zug! Das Opfer ist zwar nicht ganz korrekt - daher das Fragezeichen - aber auf so einen Zug muss man erst einmal kommen. Und tatsächlich kann Weiß damit die Initiative behalten und hat praktisch die besten Chancen auf einen Sieg. (D.Eike) 

18. ...  gxh5 19. Dxh5 Th8?

Die "Widerlegung" ist schwierig zu finden: 19...h6! 20.Tf3 Lg5 21.Tg3 f5 22.h4 Dd6 23.hxg5 Dxg3 24.Dxh6+ Kf7 25.Dh7+ Ke8 26.g6 Ld7 27.g7 Lc6 28.gxf6D+ Kxf8 29.Dh3 Dxh3 30.gxh3 mit Vorteil für Schwarz.

20. Tf3 Dd5 21. Tg3+ Kf8 22. Dh6+ Ke7 23. Tf1 ...

Damit geht der Läufer f6 verloren.

23. ... Lxd4+ 24. cxd4 Dxd4+ 25. Kh1 Ld7

Schwarz hat 2 Mehrbauern, doch trotz des reduzierten Materials besitzt Weiß starken Angriff.

26. Dg5+ ...

26.c3!! Dxc3 27.Dg5+ Kd6 28.Lxh7 Dd4 29.Td3 Dxd3 30.Lxd3 +-

26. ... Kd6?

Etwas besser scheint 26...Ke8 27.Lxh7 zu sein.

27. Tg4 ...

27.Txf7!

27. ... De5 28. Dh4

Auf keinen Fall die Damen tauschen!

28. ... c5

Es drohte Td4.

29. Txf7 The8

Es drohte De7+ nebst Dxd7+.

30. Te4 Dc3 31. Dg3+ e5

32. Tc4 ...

Weiß muss noch immer ein Grundlinienmatt verhindern. (Aber 32. Txd7+! Kxd7 33, Lb5+ gewinnt sofort durch Damengewinn - D.Eike)

32. ... Da1+?

Besser ist 32...Dd2

33. Tf1 Db2 34. Td1 Kc6 35. Df3+ Kb6 36. Lxh7 ...

Geht es mit dem Angriff nicht weiter, dann kann man die reifen Früchte ernten.

36. ... Lc6 37. De3 Tad8 38. Dxc5+ Kc7 39. Da5+ b6?

(1) 39...Kb8 40.Txd8+ Txd8 41.Dxd8# oder (2) 39...Kc8 40.Txd8+ Txd8 41.Lf5+ Td7 42.LXd7+ Kxd7 43.h4 +-, aber es geht noch 39...Db6! mit nur noch kleinem weißen Vorteil. (D.Eike)

40. Dxa7+ Kc8 41. Txc6#

Wilfried Eike und das Blackmar-Diemer-Gambit ... die Fortsetzung

Tatsächlich bot sich Wilfried zwei Spieltage später wieder die Gelegenheit, das Blackmar-Diemer-Gambit zu spielen. Zwar verlief die Partie trotz dieser Eröffnung erst einmal in ruhigen Bahnen, aber dann ...

W.Eike - Brandtner, 1989

1.d4 d5 2.e4 dxe4 3.Sc3 Sf6 4.f3 Sc6

5.d5 Sb4 6.fxe4 e6 7.a3 Sa6 8.Lg5 h6 9.Lh4 e5 10.Sf3 Ld6 11.b4 Lg4 12.Lb5+ Ld7 13.De2 Sb8 14.Td1 a6 15.Lc4 Lg4 16.0-0 Sbd7 17.Td3 Dc8 18.Dd2 b5 19.Lb3 0-0 20.h3 Lh5 21.Sh2 Lg6 22.Lxf6 Sxf6

23.Txf6! ...

Wer traut sich schon solche Züge, wenn in der Folge keine zwingende Variante vorhanden scheint, um das Material zurück zu gewinnen oder Matt zu setzen?

23...Le7?

23...gxf6 24.Dxh6 Te8 25.Tg3+- mit der Drohung h3-h4-h5.

24.Tc6 ...

Oder gleich 24.Txg6 , aber warten wir noch einen Zug.]

24...De8

25.Txg6 fxg6 26.d6+ Kh7 27.dxe7 Dxe7 28.Sd5 Dh4 29.Sf3 Dxe4 30.Sxc7 Tac8 31.Se6 Tf5

So. Schwarz hat beide Türme den Angriffen des Springers entzogen, doch ...

32.Ld5   1-0

... die Dame dabei vergessen!